Stilfser Trekkingtour. Murmeltiere: 1, Yaks: 0

Im Juli 2016 sind wir in 5 Etappen den Vinschger Höhenweg gewandert (Start: Etschquelle bei Reschen, Ziel: Schloss Juval in Naturns, Gesamtkilometer: 108, Höhenmeter Aufstieg: 5600m, Höhenmeter Abstieg: 4600m). Bis dato hatten wir mal eine Etappe von einem Steig hier, einen Traumpfad da oder eine Wanderrunde im Ahrtal gedreht. Viel mehr nicht. Mit entsprechend großem Respektsind wir die Tour im letzten Jahr angetreten und waren umso begeisterter. Zum einen von uns, weil wir alle Etappen ohne Probleme geschafft haben – zum anderen aber auch weil der Weg, die Landschaft und Aussichten einfach grandios waren. Und so kam es, dass wir im Juli erneut 2017 zu einer 5-tägigen Tour durch den Stilfser Nationalpark aufgebrochen sind.

Startpunkt der Wanderung war Mals im Vinschgau. Nach knapp 10 Stunden Autofahrt waren wir endlich da und konnten bei schönstem Wetter unser Domizil beziehen. Das Auto konnten wir für die Zeit der Tour praktischerweise direkt auf einem großen kostenlosen Parkplatz direkt vor dem Vinschgau Tourismus (Wasserturm) abstellen.

Etappe 1: von Mals (bzw. Glurns) über Lichtenberg nach Stilfs, Strecke: 14,7km, Aufstieg: 975m, Abstieg: 581m

Lange hatten wir uns darauf gefreut, jetzt ging es endlich los. In der Pauschale des Vinschgau Tourismus war ein Gepäcktransport inklusive, sodass wir (bis auf die Hüttenetappe) nur mit Tagesgepäck losziehen mussten. In meinem 20l Rucksack wurde es trotzdem eng. Grund dafür war zum einen meine Kamera, zum anderen unser ebenfalls über den Vinschgau Tourismus gebuchtes Lunchpaket. Dieses war uns für 8€ pro Tag angeboten worden. Klang zwar erst einmal recht teuer, aber die Sorge wahrscheinlich kaum bewirtschafteten Almen und Einkaufsmöglichkeiten zwischendurch bzw. in den Etappenzielen vorzufinden und am Ende hungrig wandern zu müssen (!!!) war größer. Unser erster Gastwirt meinte es allerdings etwas zu gut mit uns und stattete uns mit Vinschgauer Fruchtriegeln, Keksen, Obst, Kuchen, belegten Broten und Wasser für eine halbe Fußmallmanschaft aus. Hunger bekämen wir definitiv schon einmal keinen. Höchstens Rückenschmerzen.

Die ersten Meter unserer Wanderung legten wir sehr schnell zurück. Nämlich im Citybus. Offizieller Wanderstart unserer Tour war das sehr schöne und winzig kleine Örtchen Glurns. Von Mals bis Glurns hätte man an einer recht stark befahrenen Landstraße langlaufen müssen. Wenig reizvoll. Leider ist die Vinschger Trekkingtour nicht wie der Vinschger Höhenweg durchgängig mit einem wegweisenden Symbol gekennzeichnet.So wanderten wir zunächst etwas unsicher los und guckten lieber einmal mehr als einmal weniger in die Karte + Beschreibung. Von Glurns aus ging es zunächst die ersten Kilometer bis Lichtenberg. Zur Rechten der Nationalpark Stilfserjoch, zur Linken das Tal mit vielen Apfelplantagen. Da diese gerade besprenkelt wurden, bekamen wir eine unfreiwillige aber in der Hitze im Tal eigentlich ganz angenehme Dusche. Kurz hinter Lichtenberg outeten wir uns zum erstem mal als unentdeckte Talente im Kartenlesen und liefen prompt in die falsche Richtung. Immerhin – so bekamen wir ungeplant noch eine Ruine zu sehen. Wieder auf der richtigen Fährte, nach ordentlich vielen Höhenmetern und erstem Gefluche in Anbetracht des nicht enden wollenden Aufstiegs eröffnete sich hinter der Schartalm  dann zum ersten Mal der Blick auf den Ortler. Da wird einem fast ein bisschen demütig zumute. Wie im Bilderbuch bei schönstem Sonnenschein und mit Schnee um den Gipfel. Danach folgte der Abstieg nach Stilfs, einem sehr schönen kleinen, im Hang gelegenen Örtchen.

Etappe 2: von Stilfs nach Sulden, Strecke: 14km, Aufstieg: 1127m, Abstieg: 596m

Die zweite Etappe startete zunächst mit einem Abstieg bis zur Stilfser Brücke. Da sich das Örtchen in einem teilweise wahnsinnig steilen Hang befindet, habe ich mich zwischenzeitlich gefragt, wie der gemeine Stilfser hier im Alltag zurecht kommen mag. Nicht jedes Haus hat eine asphaltierte Zufahrt, teilweise gab es nur Trampelpfade und auch in Stilfs wird es ja ältere Menschen geben. Hinter der Stilfser Brücke kam dann gleich nach dem Abstieg -natürlich- der entsprechende Aufstieg. Leider gab es hier eine (trotz Karte) nicht ganz eindeutige Stelle und wir entschieden uns für den falschen Weg, dem wir dann gute 2,5 km folgten. Als wir gar nicht mehr wussten wo wir waren, tauchte wie aus dem Nichts ein Bauernhof vor uns auf, bei dem wir uns nach dem Weg erkundigten. Der gut 90 jährige Bauer (der wahrscheinlich sein leben Lang über die steilen Almwiesen geflucht hatte) hielt uns wohl für völlig bescheuert. Über den Berg nach Sulden? Da gibt´s doch a Landstraßn? Er konnte es nicht begreifen. Irgendwie hat er uns dann aber doch, nach einigen dialektbedingt unverständlichen Äußerungen, die richtige Richtung vermittelt und nach einem sehr steilen Kurzaufstieg waren wir wieder auf Kurs. In Sulden angekommen zogen dann plötzlich spektakuläre Wolken auf und drappierten sich um den Ortler. Wie bestellt.

Etappe 3: von Sulden übers Madritschjoch zur Zufallhütte, Strecke: 14,8km, Aufstieg: 1322m , Abstieg: 906m

Da an diesem Tag leider mit den ersten Abschürfungen und Blasen gestartet werden musste (die Steigungen sind doch anders als daheim), nutzten wir die Seilbahn Sulden, um uns ein paar (Höhen)Meter zu sparen. Von der Bergstation aus, ging es mit dem Ortler im Rücken an der Madritschhütte vorbei zunächst bis zum Madritschjoch. Dank Seilbahn und bewirtschafteter Hütte waren wir diesmal weder alleine noch die langsamsten. Hinter dem Madritschjoch eröffnete sich dann der Blick in ein neues Tal. Hier wurde man auf Hinweisschildern auf die korrekte Verhaltensweise beim Kontakt mit Yaks hingewiesen. Yaks?! Verantwortlich für das Vorkommen dieser Exoten ist der in Südtirol allgegenwärtige Reinhold Messner, der diese hier wohl vor einigen Jahren eingebürgert hat. Seitdem zelebriert er jährlich den Yak Almauftrieb. Lange wanderten wir Ausschau haltend bergab bis zur Zufallhütte – ein Yak haben wir leider nicht gesehen. Dafür ein (wirklich dickes) Murmeltier.

In der Zufallhütte bekamen wir zum Glück nach einem Schnaps noch ein Doppelzimmer und konnten uns damit ein Schlaflager mit kollektivem Geschnarche und Käsefüßen ersparen.

Etappe 4: von der Zufallhütte, am Stausee entlang ins Dorf Martell, Strecke: 16km, Aufstieg: 256, Abstieg: 1202

Da die Blasen schon ein bisschen angeheilt waren, aber immer noch schmerzten, entschieden wir uns für die reguläre 4. Etappe. Alternativ gäbe es auch noch die Möglichkeit über den Marteller Höhenweg zu wandern.

Kurz hinter dem Stausee fiel uns ein Ehepaar auf, dass mit einem riesengroßen Swarowski Fernglas bewaffnet in den Hang starrte. Das Ehepaar schien ganz hibbelig vor Aufregung und lud uns auch gleich ein mal durch das teure Guckgerät zu schauen. Was wir da sähen wäre der jüngste Spross der hiesigen Bartgeier. Ganz selten! Wir blieben ein paar Minuten stehen und ließen dem begeisterten Ehepaar freien Redefluss bevor wir uns vom Bartgeieranblick trennten und in Richtung Martell weiterzogen.

Etappe 5: vom Dorf Martell über die Göflaner Scharte ins Marmordorf Laas, Strecke: 15,5km, Aufstieg: 1144m, Abstieg: 1596m

Bei der letzten Etappe nur noch ruhig ins Ziel schlendern? Von wegen! Die letzte Etappe hatte es richtig in sich und war tatsächlich die anstrengendste Wanderung von allen. Von Martell aus ging es immer weiter bergan. Hinter uns grummelte immer näher kommend ein Gewitter, bis wir irgendwann doch leicht verängstigt in die Hocke gingen und warteten bis es vorbei war. Am Kreuzjöchl angekommen verhieß uns die Tourenbeschreibung, dass wir nun die meisten Höhenmeter bereits geschafft hätten. Gefühlt kamen danach jedoch noch einmal doppelt so viele. Mindestens. Eine Gipfelmarkierung nach der anderen kam bis wir endlich ganz oben waren. Laut Beschreibung wäre der Ausblick ins Vinschgau von hier aus grandios gewesen. Leider standen wir mitten in einer dicken Wolke. Also begannen wir hinter der Göflaner Scharte den Abstieg nach Laas. Nach wenigen Höhenmetern im Abstieg schien aber schon wieder die Sonne. Der Abstieg hatte es dann wirklich lange Zeit in sich und wäre auch ohne drohendes Gewitter heikel gewesen. Unten angekommen sind wir aber trotzdem. Unterwegs gab´s noch einen Blick auf den Laaser Marmorbruch und einen großen Teller Nudelsuppe bei der Göflaner Alm, bevor wir das Ziel unserer Trekkingtour – Laas erreichten und uns auf dem Dorfplatz ein genussvolles Finisher-Mahl gönnten.

Fazit nach 5 Tagen: man wächst über sich hinaus, bis man über´n Berg ist.

Wunderschöne Landschaft, hohe Berge, tolle Aussichten, bestes Wanderwetter, gute Unterkünfte. Die Wegbeschreibung hat noch ein paar Mankos.

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